„Jobsharing ist für mich eine echte Horizonterweiterung“
Herr Schuback, wie sieht bei Ihnen ein typischer dienstfreier Montagmorgen aus?
Der Tag startet mit einem gemeinsamen Frühstück und Brotzeitbox packen. Dann laufen mein Sohn und ich zur Kita. Im Anschluss kümmere ich mich um die Dinge, die im Haushalt liegen geblieben sind und bereite das Mittagessen vor. Wenn unser Kind zum Arzt muss, vereinbaren wir die Termine meistens für montags. Meine beruflichen Mails nehme ich an den freien Tagen zwar wahr, aber ich weiß auch, dass ich mich nicht einklinken muss. Meine Tandempartnerin Melanie Goldmann ist am Steuer. In dringenden Fällen erreicht sie mich via Textnachricht. Das ist bislang aber eher selten vorgekommen. Und wenn es doch mal Termine gibt, an denen ich teilnehmen muss, dann lässt sich das in der Regel längerfristig planen.
Sie teilen sich derzeit die Leitung des Corporate Content Houses mit Ihrer Kollegin. Wie kam es dazu?
Auslöser waren ganz klar mein Wunsch, mal was Neues auszuprobieren, und meine familiäre Situation. Meine Frau und ich wollten beide für unseren Sohn da sein und trotzdem unseren Jobs gerecht werden. Da war es 2019 eine glückliche Fügung, dass sich meine Kollegin Melanie nach einem Jahr Elternzeit in ähnlicher Situation befand. Wir kennen uns schon lange, haben zwei benachbarte Abteilungen geleitet, haben ähnliche Ansichten. Hinzu kommt, dass das Diversity Management bei Audi Jobsharing für Führungskräfte etabliert hat. Die Chance haben wir ergriffen.
Wie sah der Start ins Jobsharing aus? Was gab es vorab zu beachten?
Aus unserer gemeinsamen Zeit bei Audi wussten wir bereits, dass die Chemie zwischen uns stimmt und wir das gleiche Werteverständnis haben. Mit der Planung der Zusammenarbeit haben wir schon während Melanies Elternzeit begonnen, so dass wir mit ihrer Rückkehr in den Job gleich loslegen konnten. Wir haben uns Inspiration aus unseren persönlichen Netzwerken geholt. Gerade zu Beginn besteht hoher Abstimmungsbedarf: Wer ist an welchen Tagen im Dienst? Wer nimmt welche Termine wahr? Wie gestalten wir eine nahtlose Übergabe? Und ganz wichtig: Welche Entscheidungen treffen wir anfangs nur gemeinsam, um zu verstehen, wie wir ticken?
Inzwischen sind Sie sicher ein routiniertes Tandem. Wie organisieren Sie sich heute?
Melanie arbeitet seit Tag Eins von Montag bis Mittwoch, ich von Mittwoch bis Freitag. Wir teilen, wo es möglich ist, Aufgaben untereinander auf und versuchen, nur an wenigen Terminen gemeinsam teilzunehmen. Dennoch sind wir beide stets über alles im Bilde. An manchen Stellen ist es derzeit noch eine Herausforderung, als Tandem in der IT-Landschaft abgebildet zu sein und sich beispielsweise Freigaberechte zu teilen. So etwas wird hoffentlich kein Thema mehr sein, wenn Jobsharing zur Normalität geworden ist.
Wie hat Ihr berufliches Umfeld auf das Jobsharing reagiert?
“Sowohl das Team und unsere Kolleg_innen als auch unser Chef haben durchweg positiv reagiert.”
Sowohl das Team und unsere Kolleg_innen als auch unser Chef haben durchweg positiv reagiert. Das Co-Leadership-Prinzip bringt schließlich nicht nur uns persönlich Vorteile. Wenn sich zwei einen Job teilen und bereit sind, voneinander zu lernen, profitiert auch das Unternehmen, davon bin ich überzeugt. Bei Melanie und mir treffen beispielsweise eine hohe strategische Kompetenz auf langjährige journalistische Erfahrung. Das scheint eine gute Mischung zu sein: Schon nach weniger als einem Jahr haben wir als Tandem die Verantwortung für einen größeren Bereich bekommen. Das motiviert ungemein.
Ist Jobsharing aus Ihrer Sicht etwas für jede Führungskraft?
Wer bereit ist, Erfolge genauso wie Misserfolge zu teilen, nicht immer im Rampenlicht stehen muss und die Entscheidungen einer anderen Person wie die eigenen ins Ziel tragen will, für den ist Jobsharing eine echte Horizonterweiterung. Ich würde mich jederzeit wieder dafür entscheiden, denn ich habe so wertvolle Zeit für meine Familie und auch für mich selbst gewonnen.
Jobsharing für Führungskräfte: Arbeitsmodell mit Zukunft
Jobsharing ist ein Erfolgsmodell: In einer Studie gaben 92 Prozent der Befragten an, mit ihrem Tandem-Job zufrieden bis sehr zufrieden zu sein.
Wie funktioniert’s?
Zwei Führungskräfte teilen sich eine Vollzeitstelle mit komplexen, voneinander abhängigen Aufgaben und gemeinsamer Verantwortung.
Was sind die Vorteile?
Für das Tandem:
Jobsharing bietet zahlreiche Vorteile für Führungskräfte, die in Teilzeit arbeiten und ihren Job flexibel gestalten wollen: ein Austausch in der Doppelspitze, in der man sich ergänzt und voneinander lernt.
Für das Unternehmen:
Doppelte Kompetenzen, doppelte Berufserfahrung, doppelte Netzwerke und Kontakte wirken sich auch hier äußerst positiv aus. Hinzu kommen die Perspektivenvielfalt und eine objektivere Entscheidungsfindung im Tandem. Insgesamt ist eine bessere zeitliche Abdeckung und Präsenz möglich, weil beide im Tandem sich vertreten können, etwa in Urlaubsphasen.
Wie unterstützt Audi?
Das Jobsharing-Tandem erhält seitens HR umfassende Information und Unterstützung bei der Planung der konkreten Schritte. Ein individuelles Coaching fördert das gemeinschaftliche Erarbeiten von Lösungswegen für die Herausforderungen einer gemeinsamen Führungstätigkeit.