Die Macht der Unconscious Biases

Gudrun Sander, Direktorin des Competence Centre for Diversity & Inclusion an der Universität St. Gallen, und Antonia Wadé, Managerin in der Abteilung Diversity Management bei Audi, klären auf, welche Auswirkungen Unconscious Biases auf unser Verhalten anderen gegenüber haben. Sie erklären außerdem, wie Führungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich diese Denkmuster besser bewusst werden.

20.09.2018 Lesezeit: 4 min

Unconscious Biases sind unbewusste Vorurteile, die sich auf Fähigkeiten und Kompetenzen von Personen oder Gruppen beziehen. Sie entstehen durch unbewusste Denkmuster, die Personen bestimmten Stereotypen zuteilen. Tagtäglich werden unsere Entscheidungen davon beeinflusst.

Was die Angst vor Löwen mit unseren Entscheidungen zu tun hat

Was genau sind Unconscious Biases und wie entstehen sie?
Sander:
Unconscious Biases nennt man eine Wahrnehmungsverzerrung, die außerhalb unserer Kontrolle geschieht. Unser Gehirn filtert die Flut an Informationen automatisch und verarbeitet nur einen Teil davon. Das Ergebnis wird nicht hinterfragt. So entstehen Fehlentscheidungen und Schubladendenken.

 

Wadé: Aus diesem Grund kommen auch Stereotype zustande. Denken wir beispielsweise an eine Führungskraft, erscheint sofort ein bestimmtes Bild im Kopf. Das kann man auch nicht abschalten oder abtrainieren.

 

Sander: Unbewusste Vorurteile basieren unter anderem auf Erfahrungen, kulturellen Einflüssen und Darstellungen in den Medien. Schon im Alter von fünf bis sieben Jahren werden Geschlechterstereotype definiert. Für uns gibt es typische Frauenberufe und typische Männerberufe. Bewirbt sich eine Frau als Leiterin einer Tunnelbaustelle, ist ihre Eignung dafür deutlich schwieriger zu beurteilen als die eines Mannes. Andersrum gilt es genauso, wenn sich ein Mann beispielsweise als Kindergärtner bewirbt. Bei der Leistungsbeurteilung macht es auch einen Unterschied, ob jemand in Teilzeit oder Vollzeit arbeitet. Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in Vollzeit wird als leistungsfähiger und engagierter eingeschätzt.

Gudrun Sander

Gudrun Sander

Gudrun Sander ist Titularprofessorin für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung des Diversity Managements an der Universität St. Gallen. Sie leitet außerdem das Competence Centre for Diversity and Inclusion an der Forschungsstelle für Internationales Management. Als Direktorin für Diversity- und Management- Programme der Executive School der HSG ist sie verantwortlich für die Management-Weiterbildung „Women Back to Business“.

“Führungskräfte erkennen oft die Potenziale ihrer Mitarbeitenden nicht.”

Antonia Wadé

Wie schwer wiegt die Gefahr von Fehlentscheidungen durch Unconscious Biases?
Sander:
Am liebsten sind uns die Menschen, die uns am ähnlichsten sind. Sie bestätigen uns und dadurch fühlen wir uns wohl in ihrer Gegenwart. Das nennt man den Mini-Me-Effekt. Dadurch verpassen wir Chancen – privat und beruflich. Bei der Personalauswahl werden, aufgrund von Unconscious Biases, das Können und der Charakter häufig falsch eingeschätzt. Das kann bis hin zu Diskriminierung führen, da wir Gruppen oder einzelne Personen durch unser Schubladendenken benachteiligen.

Wadé:
Führungskräfte erkennen oft die Potenziale ihrer Mitarbeitenden nicht. Das kann sich negativ auf die Zusammenarbeit und letztendlich auf den Unternehmenserfolg auswirken. Die unbewussten Vorurteile stehen uns im Weg, wenn es darum geht, andere objektiv und fair zu beurteilen.

“Wir müssen uns nicht dafür schämen, Vorurteile zu haben.”

Gudrun Sander

Solche Fehleinschätzungen gilt es in jedem Unternehmen zu vermeiden. Wie können wir den Unconscious Biases im Arbeitsalltag entgegenwirken?
Wadé:
Wenn ich von den Unconscious Biases erzähle, ist die Reaktion häufig: „Hab ich das auch?“. Ja, das hat jeder. Andernfalls wäre es auch nicht normal. Gerade wir im Diversity Management müssen an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Angst nehmen und ihnen helfen, sich der eigenen Vorurteile und deren Auswirkungen bewusst zu werden. So kann man am besten lernen, damit umzugehen.

Sander:
Wir müssen uns nicht dafür schämen, Vorurteile zu haben. Es sind Vereinfachungen, die wir im täglichen Leben brauchen, um schnelle Entscheidungen treffen zu können. Diese Automatik unseres Gehirns ist notwendig, um dem wachsenden Workload und den immer höher werdenden Anforderungen standzuhalten.

Wadé:
Man fällt bessere Entscheidungen und arbeitet besser gemeinsam im Team, wenn man seine Denkmuster und Schubladen kennt und weiß, in welchen Situationen man sich leicht davon beeinflussen lässt. Das Bauchgefühl auch mal hinterfragen und versuchen, Urteile anhand von Fakten zu fällen und nicht anhand von Annahmen – das ist der richtige Ansatz.

Sander:
Gerade bei der Personalauswahl ist es wichtig, bewusst daran zu denken und seine Muster zu reflektieren. Sonst läuft man Gefahr, lauter Mini-Mes auszuwählen.

 

 

Vielfalt und das Einbeziehen aller sind wichtige Faktoren, um als Unternehmen erfolgreich zu sein und gleichzeitig gesellschaftliche Impulse zu setzen. Deswegen lebt Audi ein gesamtheitliches Diversity Management.

Antonia Wadé

Antonia Wadé

Antonia Wadé studierte Betriebswirtschaftslehre in Regensburg und in den USA. Bei Audi ist sie Managerin im Bereich Diversity Management. Das Thema Unconscious Bias stellt für sie einen wichtigen Hebel für mehr Diversity dar.

 

Die Teams werden heterogener, die Belegschaft wird bunter und die Welt wird vernetzter und agiler.

Gudrun Sander

Wie hängen Unconscious Biases und das Thema Diversity zusammen?
Sander:
Die Teams werden heterogener, die Belegschaft wird bunter und die Welt wird vernetzter und agiler. Das verlangt nach einer Veränderung des Blickwinkels. Jeder schaut durch seine spezielle Brille und hat eine andere Herangehensweise. Wenn man konstruktiv mit der wachsenden Vielfalt umgeht und die unterschiedlichen Hintergründe für die komplexer werdenden Aufgaben nutzt, ist das ein Gewinn für das gesamte Unternehmen. Vielfältige Teams sind innovativer und profitabler.

 

Wadé: Jeder sollte sein volles Potenzial entfalten können. Eine offene Unternehmenskultur ist dafür notwendig. Führungskräfte müssen ein wertschätzendes Arbeitsumfeld schaffen, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch mal die Brille absetzen und ihre Wahrnehmung schärfen. Oft verstehen Führungskräfte ihre Rolle noch nicht. Sie wissen nicht, was sie im Bereich Diversity tun können und sollen. Durch Schulungen kann man Führungskräfte und auch Teams für das Thema sensibilisieren.

Gudrun Sander und Antonia Wadé sprechen über Unconscious Biases.
Gudrun Sander und Antonia Wadé sprechen über Unconscious Biases.

“Im Kopf fängt das Umdenken an.”

Antonia Wadé

Gibt es die ideale Diversität in einem Team? Ist eine genaue Zielquote überhaupt sinnvoll?
Wadé: Es geht um die Veränderung des Mindset. Es geht nicht darum, eine bestimmte Quote zu erfüllen. Im Kopf fängt das Umdenken an. Hier bei Audi wollen wir durch den gerade stattfindenden Kulturwandel das Thema Chancengleichheit neu definieren. Vielfalt umfasst für uns Alter, Geschlecht, kulturellen Hintergrund, sexuelle Orientierung und den Einsatz für Inklusion. Man muss offen sein für Unterschiede und diese positiv nutzen. Dann kann ein ehrlicher Wandel stattfinden.

Sander: Man sollte sich immer die Frage stellen: Wann macht wie viel Diversität Sinn? Es gibt durchaus Berufsgruppen, bei denen es keinen Sinn hat, ein besonders vielfältiges Team zu haben. Zum Beispiel bestehen in der Notaufnahme einer Klinik immer die gleichen Prozesse und es muss schnell und richtig entschieden werden. Diversität und Reflexion bringen hier wenig Nutzen. In einer Innovationsabteilung sind Diversität und unterschiedliche Perspektiven hingegen sehr wichtig, um neue Lösungen für den Kunden zu kreieren. Es ist notwendig, den Grad der Vielfalt spezifisch auf jede Abteilung abzustimmen.

Zum Abschluss lässt sich vielleicht sagen: Wenn wir die Angst vor Löwen anpacken und sie hinterfragen, kann das einen positiven Einfluss auf unsere Denkweise und unsere Entscheidungen haben.
Sander: Ganz genau.

Wadé: Gut zusammengefasst.

Unconscious Bias

Das Thema wurde im Rahmen der Audi-internen Vortragsreihe „Perspektive Verantwortung“ behandelt.

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