4 Schritte zur Reduktion von CO₂ in der Produktion
Audi setzt auf Elektromobilität, lässt seine Produktion von Modellen mit Verbrennungsmotoren bis 2033 sukzessive auslaufen und optimiert alle Glieder der Wertschöpfungskette – das Ziel: Jedes Fahrzeug soll während des gesamten Lebenszyklus einen möglichst kleinen CO₂-Fußabdruck hinterlassen. Ein wichtiger Baustein dabei: Ab 2025 will Audi an allen Audi Produktionsstandorten bilanziell CO₂-neutral1 produzieren.
Verbrauch an Energie, Wärme und Gas der Audi Produktion in Ingolstadt seit 2016
Die bilanziell CO₂-neutrale Produktion1 ist eine Herausforderung2, die bereits zwei Audi Werke gemeistert haben. Das Werk in Brüssel gilt seit dem Produktionsstart des Audi e-tron im Jahr 2018 als die weltweit erste zertifizierte bilanziell CO₂-neutrale1 Großserienfertigung (Produktion 2022: 50.302 Fahrzeuge) im Premiumsegment. Im Januar 2020 folgte dann die Audi Produktionsstätte im ungarischen Győr (Produktion 2022: 170.018 Fahrzeuge), Ende 2020 kamen zudem die Böllinger Höfe, eine Außenstelle des Audi Werks Neckarsulm, hinzu (Produktion 2022: 13.771 Fahrzeuge). Als dritter Standort wird das Werk Ingolstadt (Produktion 2022: 332.981 Fahrzeuge) folgen: Ab Januar 2024 wird hier bilanziell CO₂-neutral1 produziert. Stephan Brun, Steuerung Konzernumweltschutz: „In Teamarbeit und mit viel Pioniergeist sind wir damit unserem Ziel nähergekommen, die Umwelt bei der Herstellung unserer Autos möglichst wenig zu belasten.“
In vier Schritten zum Ziel
Was bedeutet das konkret für die Produktion in Ingolstadt? Maßgeblich bei der Umsetzung ist Mission:Zero, das Audi Umweltprogramm für eine konsequent nachhaltige Produktion und Logistik. Dieses bündelt seit Jahren Aktivitäten und Maßnahmen zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks an den Audi Standorten weltweit. Für das Werk in Ingolstadt legten die Verantwortlichen im Rahmen von Mission:Zero vier Schritte (siehe Grafik) fest, um am Jahresende mit dem Status „bilanziell CO₂-neutral“1 zertifiziert zu werden: Schritt 1 ist die Steigerung der Energieeffizienz, Schritt 2 die Eigenerzeugung von regenerativer Energie, Schritt 3 der Einkauf erneuerbarer Energien und Schritt 4 die Kompensation bislang nicht vermeidbarer Emissionen durch Klimaschutzprojekte. Diese Maßnahmen werden kontinuierlich fortgeführt. Jährlich prüft ein externes Gutachterunternehmen, ob das Ingolstädter Werk auch weiterhin bilanziell CO₂-neutral1 arbeitet.
Schritt 1: Steigerung der Energieeffizienz
„Wie in jedem Eigenheim gilt auch bei uns im Werk: Energie, die gespart wird, muss weder konventionell oder CO₂-neutral1 erzeugt noch eingekauft werden“, sagt Friedrich-Uwe Tontsch, Experte für Energiemanagement im Audi Umweltschutz. Bereits 2010 hat Audi jährliche Energiesparziele auf Basis der Verbrauchswerte des Vorjahres für viele Bereiche ausgegeben. Die ersten Energieeinsparmaßnahmen waren dabei recht offensichtlich: Beleuchtungen wurden ausgetauscht, effizientere Maschinen und Förderanlagen eingesetzt – die Energie wird seither bewusster genutzt. „Doch die Low Hanging Fruits sind bereits umgesetzt. Es wird immer schwieriger, weitere Einsparpotenziale zu finden“, berichtet Tontsch.
„In Ingolstadt hilft es uns, dass wir bereits viel in die Digitalisierung unserer Prozesse investiert haben: Seit 2019 haben wir mit ‚Energy Analytics‘ eine eigene Analyseplattform aufgebaut“, erklärt der Energieexperte. Energy Analytics ist ein softwarebasiertes Analysesystem, welches große Datenmengen der Produktionsprozesse aus verschiedenen Quellen im Unternehmen live zusammenführt, aufbereitet und verarbeitet. Dieser Prozess wird allgemein als Data Mining beschrieben. Anschließend werden die Ergebnisse visuell so dargestellt, dass die Nutzer_innen schnell die wesentlichen Aussagen der Analyse erkennen. So lassen sich Ursachen von unnötigem Energieverbrauch besser verstehen und einordnen, Einsparmöglichkeiten aufspüren und letztendlich geeignete Maßnahmen ableiten.
Wie funktioniert Energy Analytics?
Doch es sind nicht nur Strom- und Wärmeverbräuche, die live erfasst werden. Zunächst werden Daten aus verschiedenen Quellen in einem einheitlichen Datenformat gesammelt, zum Beispiel Daten der gefertigten Komponenten, Energiedaten aus Lackierkabinen oder Schweißzangen, Daten aus Verbräuchen durch Beleuchtung oder Belüftung in den Gebäuden sowie Umweltdaten, beispielsweise Außentemperaturen. Mit 500 Mio. Daten aus den vorangegangenen Jahren werden statistische Modelle aufgebaut, die eine Voraussage ermöglichen, wie sich der Verbrauch aufgrund der Vergangenheitswerte verhalten sollte. „Dieser dient uns dann als Referenzpunkt in der Optimierung des Energieverbrauchs. Verlässt der aktuelle Verbrauch seinen Toleranzbereich, ist dies erst mal ein ungewöhnlicher Verbrauch“, zeigt Tontsch auf.
Die Daten helfen somit, sogenannten Mehr- oder Minderverbrauch leichter zu entdecken. Tontsch erläutert: „Da wir dies für Hunderte Energiezähler analysieren, können wir Verbrauchsanomalien auf Anlagen herunterbrechen und die Meldung gezielt den relevanten Personen zusenden. Diese kennen ihre Anlagen schließlich am besten und können somit einschätzen, wie die Abweichung einzuordnen ist. Ein Minderverbrauch könnte auf eine effizientere Einstellung der Anlage hindeuten und ein Mehrverbrauch auf eine Anlage, die gelaufen ist, obwohl dies nicht nötig gewesen wäre.“ Selbst minimale Abweichungen fallen dank des Tools auf und es kann entsprechend nachgebessert werden.
Digitalisierung für eine verbesserte Nachhaltigkeit in der Produktion: die visuelle Darstellung der Energieverbräuche im Audi Tool „Energy Analytics“
Die Ergebnisse des Energiemanagements können sich sehen lassen: Im Jahr 2022 hat der Standort Ingolstadt beispielsweise durch Energieeinsparmaßnahmen 35.449 Megawattstunden Energie eingespart. Das entspricht dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von mehr als 1.400 Einfamilienhäusern. So konnten nicht nur CO₂-Emissionen vermieden, sondern auch die Energiekosten um 2,4 Mio. EUR reduziert werden. Tontsch: „Um ein Beispiel zu nennen: Durch die Grundlastverfolgung in einer Halle des Karosseriebaus konnten wir 2022 die Grundlast um etwa 2.000 Megawattstunden reduzieren – das entspricht einer Kosteneinsparung von circa 190.000 EUR jährlich. Dies ist uns gelungen, weil wir wöchentlich die Grundlast mit den jeweiligen Energiebeauftragten gemeinsam besprechen – und Anomalien nachhaltig nachgehen.“
Dank der regelmäßigen Verfolgung der Grundlast wurde eine Grundlastreduzierung im Werk Ingolstadt um mehr als 30 Prozent gegenüber Juli 2018 erreicht. Die Grundlast ist die konstant benötigte Leistung von Strom und Erdgas. Sie stellt die niedrigste Belastung dar, welche nie unterschritten wird. Die Grundlast ergibt sich anhand der Leistungsaufnahme während der Nachtstunden von Samstag zu Sonntag, da zu dieser Zeit in der Regel der niedrigste Bedarf an Strom und Erdgas besteht.
Schritt 2: Eigenerzeugung von regenerativer Energie – direkt vor Ort im Werk
Aus der Luft ist der Fortschritt besonders gut sichtbar: Dunkelblaue Solarpanele schmücken zahlreiche Gebäudedächer des Werks in Ingolstadt. Sie sind das Fundament für den zweiten Schritt auf dem Weg zu einer bilanziell CO₂-neutralen1 Produktion: die Nutzung von selbst erzeugter erneuerbarer Energie. „Die Photovoltaikfläche im Werk Ingolstadt ist in den letzten Jahren auf circa 23.000 Quadratmeter – also mehr als drei Fußballfelder – gewachsen“, erläutert Christian Danhauser, zuständig für die Planung der Elektrotechnik im Rahmen der Energie- und Gebäudetechnik in Ingolstadt. Der Ausbau der Photovoltaikanlagen im Stammwerk schreitet weiter voran – aktuell sind circa 41.000 Quadratmeter in Bau oder in Planung.
Neben der Gewinnung von Strom fokussiert Audi auf die CO₂-neutrale1 Eigenerzeugung von Wärmeenergie. Auch diesen Anteil will das Unternehmen sukzessive erhöhen, zum Beispiel durch den Einsatz von Wärmepumpen, um anfallende Abwärme aus Produktionsprozessen wieder zu nutzen.
Schritt 3: Einkauf erneuerbarer Energien
Der Einkauf „grüner Energien“ ist der dritte Schritt. Verantwortlich dafür sind Melanie Altinger und ihre Kolleg_innen. Sie kümmern sich um die Wärmeversorgung und das Energiemanagement. Bereits seit Anfang 2012 bezieht Audi in Ingolstadt für die Produktion seiner Fahrzeuge ausschließlich Grünstrom, damit war die Marke mit den Vier Ringen seinerzeit einer der Vorreiter in der Branche.
„Beim Einkauf von Elektrizität für das Werk Ingolstadt können wir auf viele Details Einfluss nehmen, die uns als Marke wichtig sind“, so Energieexpertin Altinger. Denn: „Grüner Strom ist nur ein Überbegriff, es gibt ihn in vielen Varianten. Uns ist es wichtig, dass er wirklich mit unseren Nachhaltigkeitszielen übereinstimmt.“ Das bedeutet, Audi kauft am Markt ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien, wie er zum Beispiel in Wasserkraftwerken in Österreich und Deutschland produziert wird.
Die Wärmeversorgung im Audi Werk Ingolstadt ist in der Regel zu circa 80 Prozent von Gas abhängig und damit ist der Einkauf von Gas als Brennstoff auch ein wichtiges Thema für Melanie Altinger und ihre Kolleg_innen. „Um auch die Wärmeversorgung bilanziell CO₂-neutral1 aufzustellen, wird der gesamte Erdgasbedarf ab dem 1. Januar 2024 auf Methan aus Biogasanlagen umgestellt“, erklärt Altinger.
Dabei achten die Expert_innen darauf, dass dieses Biogas die entsprechenden Anforderungen erfüllt. „Das bedeutet, dass es zum Beispiel schwerpunktmäßig aus Abfällen gewonnen wird und somit nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht.“
Die verbleibenden etwa 20 Prozent des Wärmebedarfs der Ingolstädter Produktionsstätten werden über Fernwärme bereitgestellt. Eine benachbarte Raffinerie sowie die städtische Müllverwertungsanlage versorgen das Audi Stammwerk mit Abwärme, die in Produktionsprozessen entsteht und im Audi Werk weiterverwendet werden kann.
Schritt 4: Kompensation bislang nicht vermeidbarer CO₂-Emissionen durch Klimaschutzprojekte
Nahezu seinen gesamten Energiebedarf deckt der Standort ab dem Jahr 2024 aus erneuerbaren Quellen. „Doch es gibt auch Emissionen, die sich bislang nicht vermeiden lassen. Und diese sind das Thema im vierten Schritt“, erklärt Matthias Lechner. Bereits 2017 beschäftigte sich der Ingenieur in seiner Masterarbeit mit dem Thema Dekarbonisierung – heute zeichnet der Experte für Kompensation von nicht vermeidbaren Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich für die Steuerung des Prozesses zur Zertifizierung des Audi Werks Ingolstadt als bilanziell CO₂-neutral1.
Die verbleibenden CO₂-Emissionen, die derzeit noch über Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden, stammen zum Beispiel von den Prüfständen, auf denen die Diesel- und Benzinmotoren getestet werden, oder von Geschäftsfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Auch Emissionen aus Kälte- und Klimaanlagen werden hier eingerechnet. Matthias Lechner: „Eine Kompensation der Emissionen durch Zukauf von CO₂-Ausgleichszertifikaten ist und bleibt immer die letzte Maßnahme. Unser Ziel ist es, dass in diesem vierten Schritt maximal 10 Prozent der gesamten CO₂-Emissionen durch externe Projekte ausgeglichen werden.“
Was sind Kompensationszertifikate?
Der Emissionshandel soll auf marktwirtschaftlicher Basis den Ausstoß klimaschädlicher Gase reduzieren. Es ist ein komplexes Regelwerk, das unter anderem Impulse für Investitionen in klimaschonende Technologien setzt. Eine Möglichkeit für den Schutz des Klimas ist es, den Ausstoß von CO₂ oder anderen Treibhausgasen durch die Finanzierung von Klimaschutzprojekten auszugleichen. Unternehmen – aber auch Einzelpersonen oder Organisationen – kompensieren so ihre verbliebenen Emissionen und leisten einen Beitrag zum Klimaschutz. Mehr Informationen zu den Details befinden sich auf der entsprechenden Webseite des Umweltbundesamtes.
Das Ziel im Blick
Neben dem Ausgleich über Kompensationszertifikate steuert Matthias Lechner auch den Prozess zur Zertifizierung des Ingolstädter Werks als bilanziell CO₂-neutral1. Die bilanzielle CO₂-Neutralität1 des Standortes wird durch eine externe Begutachtung im Rahmen eines umfassenden Zertifizierungsprozesses überprüft. Damit bestätigt das unabhängige Zertifizierungsunternehmen die Wirksamkeit der Maßnahmen.
Außerdem wird überprüft, ob die Menge des aktuell noch ausgestoßenen CO₂ mit der kompensierten Menge übereinstimmt. „Unsere Zertifizierung ist keine einmalige Sache. Wir handeln aus Überzeugung und lassen uns in Ingolstadt ab 2024 jährlich überprüfen“, so Lechner.
Das bedeutet auch, wieder und wieder die vier Schritte zu durchlaufen. Lechner: „Unser Ansporn ist es, Jahr für Jahr die Energieeffizienz zu steigern, den Ausbau unserer eigenen grünen Energieproduktion zu fördern und sukzessive den Zukauf von externer Energie zu verringern, um so am Ende weniger Emissionen durch den Zukauf von Zertifikaten kompensieren zu müssen. So ergänzen sich die einzelnen Schritte also gegenseitig.“
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