Grünstrom-Idee: Geniale Verbindung aus Mallorca-Windmühlen und Audi-Elektroautos
Was haben traditionelle Windmühlen auf der beliebten Ferieninsel Mallorca mit elektrischen Audi e-tron-Modellen zu tun? Scheinbar nichts. Oder doch ganz viel, wenn es nach Francisco Trigueros Morera de la Vall geht, Leiter des Innovationsprojekts „Microgrid“. Bei einem Urlaub auf Mallorca dachte er sich angesichts der verlassenen Windmühlen: „Warum kann man sie nicht als Grünstromquelle für Elektroautos reaktivieren, um eine bislang auf Mallorca übliche fossile Stromerzeugung zu ersetzen?“
Drei Jahre nach dieser ersten Idee weihen Trigueros und seine Mitstreiter_innen Anfang April 2022 die erste „Microgrid“- Windmühle mit dem schönen Namen „Son España“ in dem Dorf Son Ferrol ein. Sie stammt aus dem Jahr 1925 und war die erste, die mit Metallflügeln ausgestattet wurde.
Die größte Balearen-Insel ist bekannt für ihre tausenden Windmühlen, deren Ursprung im 14. Jahrhundert liegen. Dienten sie zunächst als Getreidemühlen und Anfang des 20. Jahrhunderts als Antrieb für Grundwasserpumpen, sind sie zu großen Teilen heute nicht mehr in Betrieb. Der Stromgewinnung dienen heute fossile Quellen, die den CO2-Fußabdruck der Insel vergrößern.
Und genau hier setzt der Spanier an. „Wir nutzen sowohl die Windmühlen zur Stromerzeugung weiter als auch die Elektromotoren aus Audi e-tron-Versuchsfahrzeugen“, erklärt Trigueros seine Nachhaltigkeitsidee, die er beim Audi Innovationsmanagement vorgestellt hat.
Alternative Energiequelle: Windmühlen statt Kohlekraftwerke
Wie Trigueros reichen jährlich zahlreiche Audi Mitarbeitende ihre Ideen bei dem geschäftsbereichsübergreifenden Innovationsgremium ein. Mit dessen gezielter Förderung reifen sie zum Prototyp oder gar zu einem Serienbestandteil von neuen Audi Projekten. Hier wie auch bei Audi als Unternehmen insgesamt rücken Nachhaltigkeit und die ESG-Performance, also Environment, Social und Governance-Kriterien, immer mehr in den Fokus.
Audi e-tron: Stromverbrauch (kombiniert) in kWh/100 km: 26,1–21,7CO₂-Emissionen (kombiniert) in g/km: 0CO₂-Klasse: A
Audi e-tron: Stromverbrauch (kombiniert) in kWh/100 km: 26,1–21,7CO₂-Emissionen (kombiniert) in g/km: 0CO₂-Klasse: A
Grünstrom aus Windmühlen wird vom Audi Innovationsmanagement gefördert
Wie aber lässt sich die Erzeugung mallorquinischer Windenergie mit gebrauchten Audi e-tron-Elektromotoren vermarkten? „Das zu beantworten war durchaus eine Herausforderung“, blickt Trigueros zurück. Die Lösung: Die spanische Hotelkette Meliá wird Kooperationspartner der Marke und vermietet vier Audi e-tron-Modelle an interessierte Urlaubsgäste – für Fahrten auf Mallorca.
Lokal emissionsfreie Elektroautos seien das ideale Fortbewegungsmittel auf Mallorca, um Natur und Umwelt zu schützen, so Trigueros. Zugleich, davon ist er überzeugt, sei ein entspannter Urlaub der perfekte Zeitpunkt, um Elektromobilität zu erfahren. „Wenn nur fünf Prozent aller Hotelkund_innen einen Audi e-tron kaufen, rentiert sich das Projekt“, rechnet der Projektmanager mit Stolz vor. Zudem ließe sich der Flottenverbrauch eines Jahres durch den Grünstrom aus der alternativen Energiequelle abdecken.
Eine Rechnung, die auch das Innovationsmanagement bei Audi überzeugt hat: Seit 2019 arbeitet Trigueros bereits am Projekt Microgrid oder „Projekt M“, wie es intern betitelt wird. „M“ ist ein kleiner Buchstabe für ein großes Vorhaben, schließlich sprechen wir hier von bis zu 15 Meter großen Mühlen, deren Windräder einen Durchmesser von bis zu acht Metern haben.
Audi arbeitet seit 2019 an der Mallorca-Windmühlen-Idee
Gemeinsam mit Kolleg_innen entstand der erste Prototyp zur Gewinnung erneuerbarer Energie. In einem 220 Kilo schweren, drei Meter langen, 1,60 Meter breiten sowie einen Meter hohen Kasten an der Rückseite des Windrads ist der wiederverwendete E-Motor aus einem Audi e-tron-Versuchsfahrzeug untergebracht. Über ein Zahnradgetriebe ist er mit dem sich drehenden Windrad verbunden.
„Das lässt sich mit dem Fahrbetrieb vergleichen“, erklärt Trigueros. „So wie man über die mallorquinischen Hügel fährt und bergab Energie zurückgewinnt, ist auch hier der Motor dauerhaft im Rekuperations-Modus.“ Abhängig von der Größe des Windrads verspricht Trigueros 15 kW Leistung beziehungsweise 22 MWh Energie pro Jahr. Oder anders ausgedrückt: Mit dem Grünstrom sind rund 220 Ladungen eines Audi e-tron mit 95-kWh-Batterie möglich. Erreichbar wäre aber noch mehr: Mit einem effizienteren Windrad bringt es der Audi e-tron-Motor bei Dauerleistung auf 40 kW.
Audi setzt auf Nachhaltigkeit bei der Energiegewinnung
Mit seiner Idee für Grünstrom zahlt Trigueros voll auf die Umweltziele der Marke mit den vier Ringen ein: Bis 2025 will Audi an allen Standorten bilanziell CO2-neutral produzieren, bis spätestens 2050 will Audi als Unternehmen bilanziell CO2-neutral sein.
Bereits seit 2020 ist Audi Hungaria CO2-neutral und somit neben Brüssel der zweite bilanziell CO2-neutrale Standort des Audi Konzerns. Audi Hungaria in Győr hat auf Grünstrom umgestellt, somit bezieht das Unternehmen inzwischen seine komplette Elektroenergie aus erneuerbaren Stromquellen. Dabei stützt sich Audi Hungaria intensiv auf die Solarenergie – dank der Inbetriebnahme der größten Photovoltaik-Dachanlage Europas.
Erneuerbare Energien sind ein Mittel, CO2-Emissionen zu reduzieren, Wiederverwertung ist ein weiteres: Mit dem „Audi charging hub“, einer mobilen Ladestation, zeigt der Premiumhersteller etwa, wie gebrauchte Batteriezellen einer nachhaltigen Zweitverwendung zugeführt werden können.
Die Second-Life-Philosophie lautet: Bauteile sollten erst dann dem Recycling zugeführt werden, wenn sie nicht mehr verwendbar sind. Wenn sie funktionieren, aber vielleicht den Ansprüchen für ihren ursprünglichen Einsatzzweck nicht mehr genügen, ist es umweltfreundlicher und ressourcenschonender, eine Alternative – etwa als Energiespeicher – zu finden, anstatt sie vorzeitig zu recyceln. Erst wenn die Batterien solche Second-Use-Anwendungen nicht mehr erfüllen können, werden sie nach modernen Recyclingkonzepten in ihre einzelnen Rohstoffe zerlegt, um anschließend in neuen Batterien zum Einsatz zu kommen.
In der Automobilproduktion entstehen aber auch CO2-Emissionen, die nicht vermeidbar sind: Diese kompensiert Audi beispielsweise mit Klimaschutzprojekten.
Lokale Partner für ein lokales Projekt
Nachhaltigkeit ist dementsprechend auch bei der Umrüstung des Windrads entscheidend. Der Umbau des Windrads erfolgt auf der Insel in einer eigens dafür angemieteten Werkstatt über einen externen lokalen Dienstleister. „Uns ist es wichtig, Partner in das Projekt einzubeziehen, die vor Ort arbeiten und nicht extra dafür auf die Insel fliegen müssen“, sagt Trigueros.
Windmühlenverband auf Mallorca ehrt „Projekt M“
„Son España“ sei in das Energienetz Mallorcas eingebunden, erklärt Trigueros, „allerdings haben wir auch schon weiter überlegt, was mit dem Strom noch passieren kann.“
So könnte die erneuerbare Energie zur Elektrolyse für Wasserstoff genauso genutzt werden wie für stationäre Ladestationen oder Powerbanks, um Elektroautos zu laden. Auch Schwankungen im Stromnetz ließen sich mit dem Grünstrom ausgleichen. Die Verwendung des umweltfreundlichen Stroms hängt aber auch davon ab, wie es mit dem Nachhaltigkeitsprojekt selbst weitergeht: „Eine Skalierung ist derzeit nicht geplant, das Prinzip wäre aber durchaus auch auf anderen Inseln anwendbar“, ist sich Trigueros sicher.
Und: „Allein auf Mallorca stehen 500 potenzielle Windmühlen, die mit der gleichen Vorrichtung ausgestattet werden könnten.“ Einen großen Fan hat das „Projekt M“ bereits: Der Windmühlenverband Mallorcas, der sich für den Erhalt historischer Windmühlen auf der Insel einsetzt, verlieh Audi im Frühjahr 2022 den „Moli d’Or“ – den Preis für die Verschönerung, den Erhalt und den Schutz von traditionellen Windmühlen.